Beschreibende Zeichenelemente müssen im Rahmen der Prüfung der
Zeichenähnlichkeit mit berücksichtigt werden

- Das Anmeldedatum der angegriffenen Marke ist entscheidend für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts;demgegenüber gelten Verfahrensvorschriften grundsätzlich ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens.
- Aus zwei Wortelementen zusammengesetzte Zeichen ohne Leerzeichen, bei denen jedes Wort mit einem Großbuchstaben beginnt, gelten als ein einziges Wort.
- Beschreibende Elemente beeinflussen den Grad der Zeichenähnlichkeit bei der Beurteilung der visuellen, phonetischen und begrifflichen Ähnlichkeit.
Am 30. April 2025 erließ das Gericht der Europäischen Union sein Urteil in der Rechtssache Versiontech Inc. gegen EUIPO (Rechtssache T-242/24).
Hintergrund
Die Klägerin, das US-amerikanische Unternehmen VersionTech Inc, ist Inhaberin der Unionswortmarke VERSIONTECH für Waren der Klassen 9 und 11, insbesondere im Bereich Kommunikationsgeräte wie Smartphones und andere technische Messinstrumente.
Am 10. September 2021 stellte das US-Unternehmen Verizon Trademark Services LLC einen Antrag auf Nichtigerklärung der Marke VERSIONTECH gemäß Artikel 53(1)(a) und 8(1)(b) der Verordnung 207/2009, jetzt Artikel 60(1)(a) und 8(1)(b) der Verordnung 2017/1001, gestützt auf die ältere Unionswortmarke VERIZON, eingetragen für identische Waren, und machte geltend, dass eine Verwechslungsgefahr bestehe.
Am 14. Dezember 2022 wies die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO den Antrag zurück und befand, dass die Ähnlichkeiten der Zeichen nicht ausreichten, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen. Nach einer Beschwerde am 5. Januar 2023 hob die Beschwerdekammer des EUIPO die Entscheidung teilweise auf und stellte fest, dass die jeweiligen Zeichen sowohl visuell als auch phonetisch ähnlich seien; daher bestehe eine Verwechslungsgefahr.
Die Klägerin erhob daraufhin unter Berufung auf eine Verletzung von Artikel 8(1)(b) Klage beim Gericht der EU und beantragte die Aufhebung und Abänderung der Entscheidung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 72(3).
Entscheidung
Das Gericht stellte zunächst klar, dass in Bezug auf das anzuwendende materielle Recht die Beschwerdekammer zu Unrecht die Verordnung 2017/1001 angewandt hatte: Angesichts des Anmeldedatums der angegriffenen Marke sei die frühere Verordnung 207/2009 anzuwenden (vgl. Alcon gegen HABM, Rechtssache C-192/03).
Hingegen seien auf das Verfahren die Verfahrensvorschriften der Verordnung 2017/1001 anzuwenden, da diese ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens gelten (vgl. Kommission gegen Spanien, Rechtssache C-610/10).
Da die Wortelemente der angegriffenen Marke eine Bedeutung in der deutschen Sprache haben, bestritten die Parteien nicht die Entscheidung der Kammer, sich auf das Verständnis der deutschen Verbraucher zu stützen. Zudem bestätigte das Gericht die Feststellung der Identität bzw. Ähnlichkeit der betreffenden Waren der Klasse 9.
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit verwies das Gericht auf den allgemeinen Grundsatz, dass die Verwechslungsgefahr auf Grundlage des Gesamteindrucks der Zeichen und im Rahmen eines visuellen, phonetischen und begrifflichen Vergleichs zu beurteilen sei.
In Bezug auf die angegriffene Marke bestätigte das Gericht auch die Feststellung, dass die Begriffe „version“ und „tech“ als Hinweis auf „eine bestimmte Version der Waren“ bzw. auf „Technologie“ verstanden würden. Gleichzeitig betonte das Gericht Folgendes:
- Selbst beschreibende Begriffe müssen bei der Beurteilung des Gesamteindrucks von Zeichen berücksichtigt werden.
- Während der Begriff „tech“ rein beschreibend war, hatte der Begriff „version“ nur eine sehr geringe Unterscheidungskraft.
- Die angegriffene Marke ist trotz der großgeschriebenen Buchstaben „V“ und „T“ als ein einziges Wort ohne Trennung zu betrachten (siehe Stada Arzneimittel gegen EUIPO, Rechtssache T-396/23).
- Das maßgebliche Publikum würde sich nicht allein auf den Begriff „version“ konzentrieren, nur weil dieser am Anfang des Zeichens steht.
Bei der Prüfung der visuellen Ähnlichkeit stellte das Gericht entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer fest, dass bei einer Gesamtbetrachtung der jeweiligen Zeichen nur ein geringer Grad an Ähnlichkeit bestehe. Da die angegriffene Marke aus elf Buchstaben und die ältere Marke aus sieben Buchstaben besteht – wobei nur fünf Buchstaben identisch sind und nicht dieselbe Position einnehmen –, war es nach Auffassung des Gerichts verfehlt, allein auf die Ähnlichkeit der Begriffe „version“ und „Verizon“ abzustellen und daraus einen mittleren Ähnlichkeitsgrad abzuleiten.
Phonetisch hatte die Beschwerdekammer festgestellt, dass der Begriff „version“ als „verzion“ ausgesprochen werde (und somit der Marke „Verizon“ stark ähnele), dass beide Zeichen am Anfang und Ende übereinstimmten und im Deutschen auf der letzten Silbe betont würden. Auch diese Feststellung wurde vom Gericht zurückgewiesen, da die drei Silben „ver-sion-tech“ und „ve-ri-zon“ deutliche Unterschiede aufwiesen, was insgesamt zu einem geringen phonetischen Ähnlichkeitsgrad führe.
Begrifflich hatte die Beschwerdekammer argumentiert, ein Vergleich sei nicht möglich, da das ältere Zeichen in Bezug auf die betreffenden Waren keine Bedeutung habe. Auch hier widersprach das Gericht und stellte klar, dass wenn eines der Zeichen – wie hier die angegriffene Marke – eine Bedeutung hat, die Zeichen begrifflich verschieden seien.
Vor diesem Hintergrund kam das Gericht zu dem Schluss, dass – selbst unter Berücksichtigung der Warenidentität – die Zeichen ausreichende Unterschiede aufwiesen, unter anderem in Länge, Struktur, Rhythmus und Intonation, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.
Infolgedessen wies das Gericht die Klage ab und hob die Entscheidung der Beschwerdekammer auf, soweit diese die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung aufgehoben und die Marke für nichtig erklärt hatte.